Historie:
1793 beschrieb der dänische Entomologe Johan Christian FABRICIUS (*1745 - 1808) die erste bekannte Vogelspinne aus Afrika, Aranea calceata. Zur damaligen Zeit war die Systematik noch lange nicht auf dem heutigen Stand weshalb noch alle damalig bekannten Spinne in der Gattung Aranea beschrieben wurden. Später wurde für diese Art eine Gattung namens Scodra BECKER, 1879 geschaffen. Da der Gattungsname Scodra bereits für die Schmetterlingsgattung Scodra HEINEMANN, 1859 vergeben war, wurde sie später in das nächst jüngere Synonym Stromatopelma KARSCH, 1881 umbenannt.
Die afrikanische Vogelspinnenfauna umfasst momentan 168 Arten in 30 Gattungen. Diese wurden hauptsächlich in der Zeit zwischen 1870 und 1930 beschrieben. Allein im Zeitraum zwischen 1890 und 1910, in nur 20 Jahren, wurden über 90 Artbeschreibungen publiziert. Zwischen 1910 und 1990 wurden nur sehr wenig Arten beschrieben. Erst ab den 90ern bis heute gibt es einen Aufschwung, welchen wir nicht zu letzt R.C. GALLON zu verdanken haben, denn er arbeitet seit über fünf Jahren intensiv an afrikanischen Vogelspinnen.
Die Artenreichsten Unterfamilien sind die Eumenophorinae (POCOCK, 1897) und Harpactirinae (POCOCK, 1897) mit jeweils ca. einem Drittel (36% und 32%). Die Unterfamilie Ischnocolinae (SIMON, 1892) nimmt in etwa ein Viertel (24%) ein. Die beiden Unterfamilien Selenogyrinae (SMITH, 1990) und Stromatopelminae (SCHMIDT, 1993) teilen sich die restlichen 8%. Im Vergleich zur weltweiten Verteilung stehen die afrikanischen Vogelspinnen mit ca. einem Fünftel (20%) recht stark da. Wie man sieht kommen wohl mehr Therphosidae vom schwarzen Kontinent wie man vielleicht im ersten Moment vermuten möchte.
Harpactirinae (POCOCK, 1897):
1897 stelle Reginald Innes POCOCK die Unterfamilie auf. In der gleichen Arbeit wurden neben anderen Gattungen und Arten auch die Gattungen Ceratogyrus mit den Arten C. darlingi und C. marshalli sowie die Gattung Pterinochilus mit den Arten P. murinus und P. vorax aufgestellt.
Die erste neuzeitliche Revision einer Gattung der Unterfamilie wurde 1991 von J. I .DE WET & A. S. DIPPENAAR-SCHOEMAN an der Gattung Ceratogyrus vollzogen.
2001 revidierte der in Südafrika geborene Engländer Richard C. GALLON erneut diese Gattung und synonymisierte die Gattung Coelogenium PURCELL, 1902 mit Ceratogyrus. Im darauf folgendem Jahr, demnach 2002, publizierte R. C. GALLON eine Revision der Gattungen Pterinochilus und Eucratoscelus, von den ehemals 22 Arten blieben 6 übrig.
Die nächste Revision im Bereich der Harpactirinae, an welcher R. C. GALLON momentan arbeitet, wird die Gattungen Harpactira und Harpactirella behandeln. Womöglich wird hierbei die Gattung Brachionopus* zu den Barychelidae transferiert.
Momentan befinden sich 58 beschriebene Arten in 8 Gattungen:
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Augacephalus GALLON, 2002: 2 Arten
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Brachionopus* POCOCK, 1897: 5 Arten
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Ceratogyrus POCOCK, 1897: 10 Arten
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Eucratoscelus POCOCK, 1898: 2 Arten
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Harpactira AUSSERER, 1871: 16 Arten
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Harpactirella, PURCELL, 1902: 13 Arten
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Idiothele HEWITT, 1919: 1 Art
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Pterinochilus POCOCK, 1897: 7 Arten
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Trichognathella GALLON, 2004: 1 Art
*Die Gattung Brachionopus POCOCK, 1897 wurde durch GALLON, 2002 contra CHARPENTIER, 1993 und SCHMIDT, 2002a in die Familie Barychelidae transferiert. Da keine eindeutige Zuordnung vorgenommen wurde, GALLON spricht davon dass die Gattung in keine bekannte Unterfamilie der Barychelidae passt, ist die Gattung momentan noch incertae sedis. Norman I. PLATNICK erkennt dies jedoch noch nicht an und belässt die Gattung Brachionopus vorerst in der Familie der Theraphosidae. Eine endgültige Transferierung in die Familie Barychelidae wird erst nach weiteren Untersuchungen und deren Veröffentlichung in Erwägung gezogen.
Schlüsselmerkmale der Harpactirinae:
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Mittelgrosse bis kleine Theraphosiden mit dorsaler Abdominalzeichnung (ähnelt einem Grätenmuster), bestehend aus Querstreifen und fleckigen Punkten. (z.B. A. junodi )
(Ausnahme: undeutlich oder fehlend in manchen Arten der Gattungen Eucratoscelus und Harpactira) -
Scopula auf der retrolateralen Seite der Chelizeren. (z.B. P. chordatus )
(Ausnahme: Harpactirella - Scopula auf den Chelizeren fehlend). Die Unterfamilie Ornithoctoninae besitz ebenfalls dieses Merkmal, ist aber durch die Struktur des Stridulationsorgan von den Harpactirinae zu unterscheiden. Die Gattungen Harpactira und Trichognathella besitzen zusätzlich noch auf der prolateralen Seite der Chelizeren eine ausgeprägte Scopula, welche bei Harpactira gefiedert und bei Trichognathella nicht gefiedert ist. -
Spermathek bestehend aus zwei Receptacula seminis. (z.B. P. chordatus )
(Teilweise mit einem außenseitig apikalen ovalen Lobus (lappenförmige Struktur). (z.B. P. lugardi )) -
Die Fovea ist gerade oder leicht prokurv.
(Ausnahme: bei fast allen Ceratogyrus stark prokurv, teilweise mit deutlicher Erhebung/Horn. (z.B. C. marshalli )) -
Endsegment der hinteren Spinnwarzen fingerförmig. (z.B. P. chordatus )
(Ausnahme: Idiothele - dort leicht kegelförmig (z.B. I. nigrofulva )) -
Scopula der Tarsen ungeteilt. (s. P. chordatus )
(Ausnahme: teilweise geteilt bei Harpactirella) - Scopula von Metatarsus I-III ungeteilt. (s. P. chordatus )
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Scopula von Metatarsus IV durch versteifte Setae geteilt.
(s. P. chordatus ) -
Bein I der Männchen besitzt eine Tibiaapophyse mit deutlichem Enddorn. (z.B. P. murinus )
(Ausnahme: Augacephalus - mit reduziertem oder fehlendem Enddorn (z.B. A. breyeri ))